Zwei Wochen sind eigentlich zu kurz für eine Südamerikareise. Der Aufwand von An- und Abreise ist hoch. Doch Iberia hatte gute Preise, irgendwann muss ich mal Urlaub machen und so bin ich zwei Wochen in Ecuador. Das erste Mal ganz allein in Südamerika. Was wird das werden? Wenigstens eine Erfahrung, höchstens großartig. Von Berlin geht es über Madrid nach Bogotá. Ich weiß, dass Bogotá die Hauptstadt Kolumbiens ist. Eine Nacht war ich schon mal dort. Erinnern kann ich mich nur an ein Abendessen bei einem Peruaner, bei dem ich zu spät kam und den ersten Rum der Reise trank. Dann schlief ich und am nächsten Morgen ging es Richtung Anden. Diesmal habe ich ein ganzes Wochenende Zeit. Früher flog ich nach Brüssel, jetzt ist es Bogotá. Graffitis, Goldmuseum und die Gondel auf den Hausberg Montserate stehen auf meiner Liste. Ich habe fünfmal umgebucht. Chapinero - Candelária (Neustadt - historisches Zentrum) - Hotel - AirBnB. Wenn schon, denn schon. Ein AirBnB im historischen Zentrum La Candelária erwartet mich. Vorher muss ich in Madrid in den nächsten Bomber steigen. Ich liebe Umstiege in Madrid. Ich fahre gern mit dem Zug zum Satelittenterminal, die Archtektur des Terminals 4 und seines Satelitten ist total schön. Ich mag das Durcheinander, die vielen Nationen aus Lateinamerika, die man mit ihren verschiedenen Akzenten hört, ich fliege tatsächlich auch gern mit Iberia. Da bin ich aber sowieso pflegeleicht. Ich kann mich an Kleinigkeiten während des Fluges erfreuen, ertrage Gepäckverlust und ggf. auch Verspätungen. Schließlich bin ich Bahnfahrer. Der rappelvolle Airbus hatte in Berlin gleich mal eine gute halbe Stunde Verspätung. Dank eines Cyberangriffs sind weite Teile der IT des Berliner Airports noch nicht nutzbar. Handgemalte Bordingpässe, doppelt vergebene Sitzplätze, all das dauerte. Wir werden dennoch mehr oder weniger pünktlich in Madrid landen. Fluglektüre ist die letzte Ausgabe der Revista de la prensa, eine Zeitung mit Originalartikeln aus Spanien und Lateinamerika. Das Schicksal von Arbeitsmigrantinnen aus Venezuela ist vermutlich nicht vergleichbar mit dem, was Polinnen in der Pflege in Deutschland erleben.
Warum eigentlich Bogotá? Die letzte Kolumbienreise hat hier gestartet. Es war am Ende die günstigste Kombination. Und ich fand, dass es ein guter, weil einfacher Einstieg in Südamerika sein könnte. Im Drittland ist die Einreise immer ein Nadelöhr. Das ging diesmal super schnell. Und wenn mein Rucksack am Kofferband erschienen wäre, hätte ich es vor Glück gar nicht ausgehalten. Es kam anders. Der vorbestellte Taxifahrer, der sich wohl auch freute, einen weiteren Auftrag nach meiner Fahrt annehmen zu können, drängelte per Whatsapp. Er durfte warten, ich stand mal wieder in der Schlage von der Gepäckermittelung. Typisch Lateinamerika bekam die arbeitende von drei Personen Assistenz von den Zuschauern, was nicht zur Beschleunigung der Vorgänge führte. Aber die junge Dame war nicht nur bilingual sondern auch wirklich fit. Mit den Worten, dass mein Gepäck morgen ankäme, verabschiedete sie mich freundlich. Kofferverlust und AirBnB ist irgendwie auch keine gute Kombination. Das werde ich mal abspeichern. Gott sei Dank wirbt Ale(gria) - eine wahre Freude - damit, dass das Hostel neben dem Apartment auch ihr gehört. Dort sollte das Gepäck hin. Sollte. Denn diesmal kommt es arg, ich weiß nicht mal, ob man meinen Rucksack gefunden hat. Vermutlich ist dieses IT-Chaos in Berlin schuld. Die hochnäsige Kraft, die meinte, ob ich nur mit einem und dann noch so leichten Gepäck fliegen würde und meinen Einwand, mit leichtem Gepäck reist es sich einfacher, stirnrunzelnd zur Kenntnis nahm, machte sich auch nicht die Mühe, ein Priority-Schildchen zwischen die Klebeflächen zu legen. Hätte am Ende wohl auch nichts geholfen. Gut, dass ich alle Oberteile ins Handgepäck getan habe, ich kann zu Bluejeans 3 Hemden und jede Menge T-Shirts kombinieren. Die Unterwäsche ist einmal gewaschen, die Wohnung ist extrem gut ausgestattet, Waschmaschine inklusive. Es galt und gilt, sich den Urlaub von den Umständen nicht versauen zu lassen. Ich fiel früh ins Bett und genauso früh war ich wieder wach. Das erste Frühstück bestand aus Flugkeksen, eine Zahnbürste war dank Amenity-Kit vorhanden, Kämme werden überbewertet. Mit allem Mut drehte ich eine frühe Tour durch das historische Zentrum Bogotás, La Candelaria genannt. Lateinamerikanische Städte haben es nicht so leicht,, das Herz eines Europäers zu gewinnen. Aber die Altstadt hat sowohl Flair und es tut ihr auch gut, dass es eine von Boutiquehotels und Künstlern durchzogene Umgebung ist, der die sozialen Probleme weitgehend fehlen. Bogotá liegt auf 2.600 m Höhe, die Altstadt ist am Hang gelegen, das merkte ich dann doch. Liegt aber auch daran, dass ich nach den Pyrenäen gar nichts mehr für die Fitness getan habe. Die Idee dieses Urlaub, allein, ist, mal wieder mehr Kultur einzubauen, mich zu erholen und nicht jede Herausforderung mitzunehmen. Da bis auf die Flüge von und nach Ecuador nichts gebucht ist, muss ich auch noch etwas organisieren. Das geht in Zeiten von AirBnB und booking,com denkbar einfach. Zurück zum ersten Stadtrundgang: Hauptplatz, der hier nicht Plaza de las Armas (Waffenplatz) sondern Plaza Bolivár heißt, Kathedrale, die nicht in der vordersten Liga mitspielt, Supermarkt und das Kreuz und Quer der Altstadtgasssen führten mich schließlich zum berühmten Goldmuseum, das schon außerhalb der Altstadt liegt und viel Lokalkolorit umzu hat. Ein Park davor, Marihuana-Gerüche, Ethnien vom ganzen Kontinent und kaum Europäer sind ein spannender Mix. Ich fühlte mich nirgends unwohl in den drei Tagen. Das Museum ist durchaus sehenswert, der Name auch treffend, auch wenn es die Geschichte der Metallverarbeitung über die Jahrtausende mit dem Schwerpunkt Gold vereint. Der Eintrittspreis ist lachhaft niedrig, die Art der Darsellung old school, man muss viel lesen oder einfach schauen. Am frühen Nachmittag fiel ich in ein Café ein und hatte Zeit inne zu halten, gut zu essen und zu verarbeiten. Die echt schöne Wohnung genoss ich bei einer späten Siesta in der Hängematte auf dem Balkon. Punkt halb 6 morgens wird es hier hell und genau 12 Stunden später dunkel. Die Zeitumstellung verhindert sowieso, dass ich die Nacht zum Tag mache aber die Straßen sind bis 10 durchaus noch so gefüllt, dass man ohne Angst raus kann.
Der zweite volle Tag begann mit einem guten Frühstück in einem fast zu hippen Café, dann ging es ins Botero-Museum, wo ich nach der Sicherheitskontrolle wild nach dem Ticketschalter suchte. Gab es nicht. Das Museum ist for free. Und die Art der Ausstellung interessant. Da hängt ein Miró neben einem Dalí und sowieso war die Ausstellung echt sehenswert und hochkarätig. Aber alles viel ungezwungener als im Prado oder Louvre. Das hat mir gefallen. Am Sonntag war auf den Straßen Richtung Neustadt die Hölle los, da ich ohne Rucksack unterwegs bin, war es dennoch entspannt. Ich entschied heute, die ersten Klamotten zuzukaufen. Für die nächsten 4 Tage am Pazifik brauche ich eine kurze Hose. Sagen wir es so: die südamerikanische Mode ist nicht zwingend meine Mode, aber mit Umsicht wurde ich in einem Nike-Store fündig. Ein Shirt gab es auch noch. Weitere Zukäufe wird es in Manta geben, denn direkt neben dem besten Haus am Platz liegt die größte Mall Ecuadors. Tommy Hilfiger wird wohl was hergeben, um die Sachen bis zum Ende des Urlaubs zu ergänzen. Caféstop, Gedanken aufschreiben, frühes Abendessen im netten Café von gestern, das heute aus allen Nähten platzte und leider Hunde erlaubt. Gestern störte mich der Labrador am Nebentisch nicht, auch mit der Promenadenmischung heute, die sich unter meinen Tisch legte und nicht zu den beiden ziemlich anstrengenden Damen mittleren Alters, die wechselweise Spanisch und Französisch sprachen, aufschloss, ging es zunächst ganz gut, bis das Vieh anfing zu bellen. Mein Unbehagen merkten die Damen und schon zog das Tier auf die andere Seite des Tisches um, wo eine spanisch-sprachige Familie durch mehr Tierliebe auffiel als ich. Die Preise hier sind super. Sieht man von der deftigen Anreise an, preislich betrachtet, sind Unterkunft und Verpflegung hier echt preiswert mit Blick auf vergleichbare Qualität in Europa.
Ein Uber brachte mich zum Flughafen. Ich stieg hinten ein, der Fahrer meinte, ob ich nicht nach vorn kommen wolle. Also setzte ich mich um und zügig und mit viel charla ging es auf die 20-minütige Fahrt. Der Verkehr war deshalb so ruhig, weil viele Familien aufgrund eines Feiertags die Woche außerhalb der Hauptstadt verbringen. Auf die Frage, warum ich mit Copa (also über Panamá) nach Ecuador fliege, bekam der Kolumbianer die ehrliche Antwort, weil es billig ist und ich Zeit habe. "Karamba", war seine Antwort. Ein Ausdruck, den ich erstmals hörte. Das Allerweltsauto in Kolumbien ist der Peugeot, Chevrolet war es zuvor. Und natürlich drehte sich das Gespräch ums Land selbst, wo ich schon war und unbedingt noch hinmüsse. Zweimal wurde ich übrigens im Gespräch für ein US-citizen gehalten. Das stellte ich sofort richtig. Schön war das Wochenende in Bogotá, jetzt verbringe ich den erholsamen Teil des Urlaubs am Pazifik in Ecuador. Manta heißt mein Ziel. Kreuzfahrthafen und Fischereiflottenstützpunkt. Viel mehr weiß ich nicht. Alle backpacker steigen südlicher in Montanitas oder Las Salinas ab. Das verwarf ich mit Blick aufs Klima. Der Humboldtstrom führt in dieser Jahreszeit zu viel Nebel.