Nepal hat die USA überholt. Bei den Fernzielen. Ich fliege zum dritten Mal ins wunderschöne und bitterarme Königreich im Himalaya. Und auch diesmal ist nicht Mustang mein Ziel. Nepal hat eine Chance auf einen vierten Besuch. Mustang will nicht runter von der Liste der Orte, die ich sehen will.
Wenige Ausgewählte wissen von der desaströsen Anreise. Schwerin - Berlin ist verkehrstechnisch gerade eine Katastrophe. Das einzig durchgängige öffentliche Verkehrsmittel ist der Flixbus. Mit dem und 3.5 Stunden Puffer reiste ich zum Hauptstadtflughafen. Ein LkW-Fahrer auf der Gegenfahrbahn der A24 fuhr am Morgen in den Gegenverkehr, Folge: Monsterstau. To make a long story short: Sabrina flog allein über Wien - wo sie Marthe im Transit traf, die ich hätte eigentlich mal wiedersehen sollen - und Delhi nach Kathmandu. Ich bekam trotz superfreundlicher Anfrage bei AirIndia mitgeteilt, dass man meinen Flug als no-show angesehen wird. Das Recht ist auf Seite der Airline. Na immerhin gibts Steuern und Gebühren zurück. Irgendwann. Dienstag hat mir mein zahnärztlicher Kollege gesagt, warum ich so entspannt sei, wenn wir vom Ministerium mit Missachtung und kurzen Stellungnahmefristen traktiert werden. Ja, darüber kann man sich aufregen. Je älter ich werde, desto mehr akzeptiere ich unausweichliche Situationen. Man kann sie ja nur annehmen. Natürlich war ich sauer, und wie! "Was lernt uns das?" Annett? Mehr ich und weniger im Dienst der Sache. Den Spättermin am letzten Arbeitstag mache ich künftig nicht mehr, fahre entspannt am Vortag zum Airport und versuche so, eine Wiederholung zu vermeiden. Aber es war jetzt kein Akt nen neuen Hinflug zu buchen, kostete halt nur Geld. Der ging einen Tag später von München, statt mit AirIndia mit Qatar, ein statt zwei Umstiege, vollgebuchte Economy statt Business-Upgrade. Und ne weitere Zwischenübernachtung in einem total netten Hotel, ein ICE-Sorinter, der zwischen Berlin und München nur in Nürnberg hielt, all das sind Reiseerfahrungen. Auch wenn ich mit Zürich (letzte Reise, gebuchte Unterkunft nicht existent) und dieser Odyssee dieses Jahr echt zwei sehr spezielle Reiseerlebnisse hatte. Ob Angelika wirklich mit mir nach Madeira will? Vlt. sollte ich mal Pauschalurlaub in Alcudia machen? Das erscheint mir weniger anfällig bezüglich Überraschungen.
Ziel diesmal ist das Langtangtal. Im Norden Nepals liegt das drittgrößte Trekkinggebiet des Landes, das man ohne Inlandsflug dafür mit 7 Stunden Jeepfahrt erreicht. Darauf freue ich mich schon. Werde mich sedieren. Mal sehen, ob ich den optimalen Punkt titriere. Irgendwas Praktisches muss ja geblieben sein neben all der Rechtskenntnis. Der Kollege der Zahnärztekammer (Jurist) fiel aus allen Wolken, als er meine Profession erfuhr. 15 Jahre Vollzug und Legislative prägen. Ansonsten ist es an Sabrina, mich wieder wach zu bekommen. Es ist ungewohnt, mal wieder nicht allein auf Fernreise zu gehen. Nach einer eindrücklichen Reise durch Albanien bereisen wir zusammen Nepal. Im Reisegepäck: Schnaps (Gesuar, Tina und ihr anderen), der Seidenbademantel und jede Menge Lust auf fremde Kultur. Langtang ist tibetisch geprägt. Also Mani-Mauern, Chörten und Klöster. Ich denke, dass auch das dazu beiträgt, warum ich mich in Nepal wohl fühle. Die Nepali leben in Koexistenz, Staatsreligion ist Hinduismus, aber weite Teile sind buddhistisch geprägt. Mit Latin-Pop auf den Ohren (Qatar führt Malú und Abel Pintos - meine Laune steigt, mag an Abel und dem süßen argentinischen Akzent, der mir gefällt, liegen,) und guter Pasta und mit dem dritten Chardonnay spüle ich die letzten Monate runter. Morgen in Bodnath geb ich mir noch tibetischen Gesang in nem Kloster, denk an Hiltrud, Frau K. und Bylakuppe und dann Pashupathi bei Sonnenuntergang, danach bin ich bestimmt angekommen. Mir fällt gerade auf, dass das auch das Programm am ersten Tag mit Mareike und Corinna 2015 war. Traditionen auf Reisen - dafür bin ich zu haben. Sonst haben wir keine Pläne. Softeis für Sabrina und ein Mäuerchen für mich, auf dem ich schauen kann. Darf auch ein Rooftop sein. Mit Momos. Swayambunath, der alte Stupa mit den vielen frechen Affen, Bhaktapur, die museale Stadt, in der man sich wie in einem Dorf fühlt, können wir noch machen, wenn die Gruppe abreist. Wie immer beim Trekking genieße ich den Komfort einer organisierten Reise und zum dritten Mal bereise ich Nepal mit Hauser, der Münchner Agentur, die kommendes Jahr von Studiosus geschluckt wird. Die sind nicht billig, aber man reist sozialverträglich. Sie behandeln die Träger gut, das ist mir wichtig. Wenn ich mich schon mit Sir anreden lassen muss, was ich nicht mag, was nicht Not tut, dann will ich zumindest, dass die Nepali gut behandelt werden und ich sie nicht ausbeute. Offensichtlich. Wahrscheinlich steht es schlechter um die Arbeitsbedingungen als ich es mir schönreden will.
Nach einem Stechschritt durch den gar nicht mehr so neuen Flughafen in Doha - ich bin so alt oder reise schon so lange, dass ich das Chaos des Transits im alten noch kenne: "Bali, Bali - anyone to Bali?", sitze ich nach nur einer Stunde Aufenthalt in Qatar im Flieger nach Kathmandu. Beim Boarding hörte ich Mareike in meinem Kopf: Schweizer in Ortovox, Schweden in Norønna, Franzosen in Milet. Der europäische Outdoortourist trägt Marke. Ich hab mein alte loose-cut Haglöfs Hose wieder an. Kein gutes Zeichen, denn 2015 trug ich mehr mit mir rum. Aber sie ist ohne Macken und passt zur Primaloft-Jacke der gleichen Marke. Ich bin eben auch nur Tourist. Es sind kaum Nepali im Flieger. Gespräche bleiben allenfalls oberflächlich. Da der Tag lang ist, ist es ok. Dennoch rührt mich die Story des Nepali vom letzten Hinflug immer noch. Das hab ich nicht vergessen. Er verlor seine ganze Familie durch das schreckliche Erdbeben 2015. In Langtang - da zieht es mich nun hin. Jetzt ist Vorfreude da: wie wird sich Kathmandu verändert haben? Dass es sich verändert haben wird, ist klar. Das ist aber auch nicht schlimm. Die Brücke in meinem Heimatdorf wurde erneuert, die Autobahn zwischen Magdeburg und Schwerin wird gebaut. Auch Drittländer dürfen sich entwickeln. Drittland - so ein Begriff aus der Arzneimittelüberwachung. Was nicht in Deutschland oder in Ländern des europäischen Wirtschaftsraums produziert wird, ist Drittland. Das ist wertungsfreier als Entwicklungsland für mich, denn auch die USA sind Drittland, arzneimittelrechtlich. Nun freu ich mich auf eine zügige Immigration, einen netten Taxifahrer, den ich zum Airport geordert habe und ein Bett. Morgen Kultur und Kennenlernen der Gruppe. Der Urlaub beginnt.
Der erste Morgen begann mit einem Müsli, Joghurt und Obst. Dann bummelten wir zum Durbar Platz. Jede der drei Königsstädte - Kathmandu (Kantipur), Patan (Lalitpur) und Bhaktapur hat einen. Der von Kathmandu ist sehr touristisch, der von Patan gefällt mir mittlerweile besser als der von Bhaktapur, dort wirkt das Zentrum museal. Dennoch ein guter Start um warm mit Nepal zu werden. Mitten in der Nacht fielen mir zwei Dinge auf: die Stadt ist beleuchtet, es gibt Energie. Harka, unser Guide, bestätigte, dass sie die Lage in den letzten Jahren stabilisiert hat. Zu beiden großen Nachbarn, Indien und China, bestehen aktuell gute Beziehungen. Und mitten in der Nacht ist Kathmandu erschreckend leer. Mein vorbestelltes Taxi wurde an einer Straßenkontrolle angehalten. Der Hinweis, ein Tourist würde befördert, führte nicht dazu, dass wir passieren durften. Wie beim Bundeskanzler musste der Fahrer die Scheibe herunterlassen und ich wurde in Augenschein genommen. Da Nepali grundsätzlich neugierig sind, fragte mich der Polizist freundlich lächelnd jede Menge aus, um schließlich doch den Weg frei zu geben. Nach dem Durbar Square machten wir uns per Taxi nach Swayambunath auf. Taxifahren kostet nicht viel und ist immer ein Erlebnis. Statt die Hauptstraße zu nehmen, entschied sich unser Fahrer für Abkürzungen durch kleine Gassen. Wir fuhren zwischen den Auslagen unzähliger Shops, Myriaden von Menschen und entgegenkommenden Mopeds hindurch. Swayambunath, auch der alte Stupa oder Affentempel genannt, erinnert, obwohl buddhistisch geprägt, mit seiner Quirligkeit sehr an Indien…
Nach mehreren Monaten setze ich – in Erinnerung – nun die Zusammenfassung der weiteren Reise fort. Das verklärt, aber meine Seite hat ja keinen dokumentatorischen Ansatz.
Zunächst ein Hotelwechsel in Thamel. Zur Hauptverkehrszeit versuchen Frau Mann und ich ein Taxi ins neue Hotel zu bekommen, das hatten wir uns einfacher gedacht. Doch mit Hilfe des Hotelpersonals und ein wenig Geduld, sind wir doch unterwegs. Die nepalesische Uber-Alternative, die wir in den letzten Tagen schon genutzt haben, war sicherlich auch hilfreich. Im neuen Hotel angekommen gab es einen Begrüßungsdrink und Verwirrung. Man wusste nicht so richtig, was man mit uns anfangen sollte. Wie auf den letzten beiden Nepalreisen schon half es weniger, seinen Namen zu nennen, die lokale Trekkingagentur ist das Zauberwort. Mit der wurde dann auch telefoniert. Schließlich teilte man uns mit, dass wir im falschen Hotel seien, wir mögen warten. Taten wir und hofften, dass das alternative Hotel mindestens den gleichen Standard hatte und der Welcome-Drink so gut würde. Zweiteres war nicht der Fall. Ein junger Nepali betrat irgendwann die Hotellobby und erklärte sich entschuldigend, dass der Hotelwechsel nicht mitgeteilt worden sei, wir nichts falsch gemacht hätten und er hoffe, dass wir Nachsicht hätten. Hatten wir, es war ja nichts passiert, außer der Erkenntnis, dass wir mit einem anderen Taxi wieder durch die halbe Stadt fuhren, um 150 Meter vom ersten Hotel nun richtig zu sein. Ommm. Der erste gemeinsame Abend in der Gruppe bestand in einer so noch nicht erlebten folkloristischen Aufführung samt Abendessen, das in den Hintergrund trat. Ich kann mich an das Essen selbst überhaupt nicht mehr erinnern, sehr wohl aber an einen mit Touristen bis auf den letzten Platz gefüllten Saal im Erdgeschoss des Hotels und jede Menge Tanzaufführungen der verschiedenen Volksstämme Nepals. Die Folkloremusik, die zwischen laut und ohrenbetäubend lag, führte dazu, dass man den Rest der Gruppe nicht wirklich kennenlernte. Aber wir hatten ja ein ganzes Trekking vor uns und ich kannte Frau Mann, das würde schon reichen, im Zweifel. Satt ging ich ins Bett, immerhin.
Neu am Trekking nach Langtang war die Anreise per Jeep. Ob ein Inlandsflug in Nepal oder eine siebenstündige Jeepfahrt der bessere Start ins Trekking ist, galt es herauszufinden. Ich fasse zusammen: Ersteres. Trotz reichlich Komfort, wir waren zu viert in einem Jeep, der sieben Gäste gefasst hätte und da die Straßenverhältnisse besser waren als gedacht. Ich rufe mir selbst in Erinnerung, dass wenige Wochen vor unserem Abflug wahre Horrormeldungen über die Verwüstungen des Monsuns 2024 durch die europäischen Nachrichtenagenturen verbreitet wurden. Die unzähligen Kurven, gepaart mit der langsamen Reisegeschwindigkeit, des prophylaktisch gekauten und doch etwas sedierenden Reisekaugummis, der auf der Rückfahrt weitere dankbare Abnehmer finden sollte und der heroischen Tat von Kim und Benjamin, die auf der letzten Bank über der Hinterachse Platz nahmen und dort offensichtlich ihre Freude hatten, nicht zu vergessen die Länge der Unternehmung selbst führten dazu, dass ich es schon als Mühsal und nicht als Lustreise erinnere. Der Lokalkolorit aus Myriaden von Mofas, Häusern in allen knalligen Farben und Bauphasen, Tieren und einer überwältigenden Natur war auf der dritten Nepalreise zumindest nicht Ablenkung genug, um die Mühsal vollends zu verklären. Die Natur war – wie im Mittelland von Nepal zu finden – üppig subtropisch. Eine Explosion von Pflanzen fanden wir vor. Nach einer Passüberquerung raus aus dem Kathmandutal ging es auf der Rückseite des Passes in ein Flusstal, dem wir über viele Kilometer folgten. Irgendwann endete das Sträßchen und wir waren am Ziel, das Trekking ging los, wohlgemerkt am Folgetag. So hatten wir Zeit, auf einen Aussichtspunkt mit überdimensionaler hinduistischer Figur und nicht mit der Figur verbundenen aber ebenso überdimensionalem Penis die Aussicht ins Tal zu genießen. Und dann ging es los. Wir nahmen an den ersten beiden Trekkingtagen nicht die Hauptroute, was sehr viel Reiz für mich hatte. Und selbst die an einsame Trekkings gewohnte Mitreisende aus dem Harz goutierte im Verlauf des Trekkings, dass dieser Teil noch halbwegs unbevölkert war. Ich finde, Frau Mann muss mal zum Everest. Dagegen war Langtang supereinsam. Im Gegensatz zum Everest – ich weiß, man soll nicht vergleichen in Urlauben – zeichnet sich der Langtangtrek, das hat er mit der Annapurna-Region gemein – durch unterschiedliche Vegetationszonen aus. Wir liefen durch steilen Bergwald bei vergleichsweise warmen Temperaturen. Zweitere bremsten auch Mitreisende aus, die zu einer seltenen Spezies Wanderer gehören: sie mögen es, je steiler es ist. Ich habe nichts gegen Steilheit, gehört in den Bergen dazu. Aber wenn ich mich entscheiden kann zwischen Direttissima und mehr Weg, bin ich definitiv in der Gruppe, die länger läuft. Der erste Tag war definitiv herausfordernd. Sowohl die über 1.000 Meter Höhe, die es bergauf zurückzulegen galt, als auch die Länge hatten schon ihren Anspruch. Ein Mittagessen, das Kraft gab, an schönem Ort machte den Tag jedoch nur zur sportlichen Herausforderung und nicht zu einem Nahtoderlebnis. Das sollte später kommen. 😊
Die erste Lodge – ich war auf alles gefasst, war einfach. Die mit Föhn mitreisenden Touristinnen mussten lernen, dass der Hinweis des Wanderführers, eines viel zu netten Nepali, schon seinen Sinn hatte, dass man ab einer bestimmten Höhe nicht mehr Haare wäscht. Zwei parallel betriebene Föhn führten dazu, dass das Stromnetz des Hauses in die Knie ging. Sie taten es wohl nie wieder. …
An dem Abend müssen auch alle Zimmer warmes Wasser gehabt haben, oder es störte noch niemanden. In den wirklich einfachen Lodges, allesamt mit Bad en suite, eine dumme Einrichtung aus dem Westen, denn die Feuchtigkeit hält sich hartnäckig in den unbeheizten Zimmern, war natürlich trotz anderer Auslobung im Katalog selten warmes Wasser zu finden. Die Erfindung eines Waschlappens hilft bei solchen Bedingungen ungemein, Körperhygiene dennoch sicher zu stellen. Aber entweder hatte sich diese Erfindung noch nicht bei allen Mitreisenden rumgesprochen oder der all-inclusive-Buffet-Effekt war doch stärker. Eine bezahlte Leistung will man auch unbedingt in Anspruch nehmen, egal wie dumm es ist, trotz Sättigungsgefühl sich eine Mitternachtstorte reinzuschaufeln und dann wochenlang Ausdauersport zu machen, um die Kalorien wieder von den Hüften zu bekommen. Nun ja, in den folgenden Tagen wurde es ein Sport, verbunden mit einem nicht enden wollenden Wehklagen sich über die kalten Duschen zu beschweren, wenn man nicht zu den Privilegierten gehörte, die doch ein Rinnsal warmen Wassers im Zimmer hatten.
Die Trekkingtage selbst laufen ja meditativ gleich ab. Morgens nach dem Wecken packt man alles wieder ein, das man am Abend zuvor ausgepackt hat. Trotz Beschränkung auf das Allernotwendigste packt man wirklich alles aus und ein, was am Packsack liegt. Man kann versuchen so intelligent wie möglich zu packen, bis auf die Schmutzwäsche, die sich nach der Hälfte des Trekkings dann doch bildet, muss immer alles ausgepackt werden. Dann gibt es Frühstück. Und da begannen die ersten Änderungen. Vor zehn Jahren gab es reihum für alle morgens das Gleiche. Müsli (top!), Porridge (der schlimme Tag) und Toast mit Ei, immer im Wechsel. Jetzt konnte man abends schon bestellen, was man morgens gern hätte. Omelett, Müsli, Porridge, Brot mit Ei, mit Ei und Zwiebeln, mit gefühlt weiteren 5 Zutaten. Abends in einem Babylon an Stimmen wurden die Bestellungen aufgegeben, bei mir was es bis auf zwei Ausnahmen immer Müsli. Dann füllt man die Wasserflaschen. Manche nimmt 3-4 Liter Wasser mit und trägt diese dann auch, aus lauter Angst zu verdursten. Ich bin mit 1 bis 1.5 Litern absolut hydriert. Aber das sieht jeder anders. Genauso die Technik beim Trinken. Trinkblasen mit einem Schlauch, der aus dem Rucksack hängt und ein Trinken beim Wandern möglich macht versus klassische Trinkflaschen, die bei jeder Pause dazu führen den Nachbarn zu bitten, diese aus dem Rucksack rauszuangeln und nach dem Trinken wieder sicher zu verstauen. Am ersten Tag war die Bergquelle schwefelhaltig, was allen nach den ersten Schlucken auf dem Weg, viel zu weit weg, um das Wasser auszutauschen, auffiel. Aber die am Wegesrand in zwar großen Abständen vorhandenen Teehäuser, wo man das namensgebende Getränk kaufen kann aber auch alle Segnungen der westlichen Welt von Coca Cola bis Marsriegel, halfen, alsbald weniger geruchsintensives Wasser zu bekommen, dem es aber bestimmt an Spiritualität fehlte. Immerhin war das Wasser auf der ganzen Reise trinkbar und niemand wurde von Durchfällen heimgesucht. Dem trug auch die Regel des einheimischen Wanderführers zu, nach der in den Bergen ausschließlich vegetarisch gegessen wird. Es fehlte an nichts. Auch abends war Essen a la carte möglich, ob Momos, Suppe, Nudelgerichte oder Currys, selbst Thunfischpizza war im Angebot und wurde nach einer heroischen ersten Bestellung durch Frau Mann auch noch von anderen Gruppenmitgliedern, mir eingeschlossen, bestellt. Das Mittagessen bestand einzig aus einer verkleinerten und durch die Guides vorgegebenen Auswahl, meist war die Wahl zwischen Nudeln oder Reis oder Dal Bath. Letzteres ist immer noch das Nationalgericht der Nepali und die Guides essen das fast zu jeder Mahlzeit. Reis wird mit einem Gemüsecurry, in der vegetarischen Variante oft mit einem Kartoffelcurry und gekochtem Grünzeug (Mango oder Spinat) sowie einer Sauce aus Linsen, die oft einer Gemüsebrühe mit Linsen glich, serviert. Dazu gibt es eine Scheibe Papadam und nach Wahl schärfende Zutaten.
Zurück zum Trekking. Von Tag zu Tag erklommen wir größere Höhen. Bis circa 3.500 Meter ist die Höhe nicht das Problem, dann merkt man erstmals, dass man wohl bei Anstrengung durch einen Strohhalm atmet und durch den nicht so viel Luft kommt, wie man meint, zu brauchen. Das legt sich. Die Touranbieter wissen das und gerade im Himalaya ist die Akklimatisierung super gegeben. Die Anbieter müssen die Touristen ja ans Ziel bringen, fielen regelmäßig erhebliche Anteile der Höhe zum Opfer, wären sowohl Logistik als auch Reputation hin. Dennoch ist es eine Herausforderung, der man sich mental und körperlich stellen muss. Es ist einfach hilfreich, wenn man daheim nicht jeden Lift nimmt und zur Vorbereitung auch mal 10 km am Stück joggt, um zu überprüfen, wie der eigene Fitnesszustand so ist. Schafft man die 10 km in persönlicher Bestzeit, weil man trainiert hat, ist es noch besser. Allerdings kann ich sagen, dass ich auf verschiedenen Trekkings unterschiedlich gut vorkonditioniert war und neben der Physis die Psyche eine wichtige Rolle spielt. Wenn man morgens schon aufsteht und sich ärgert, das man in einem Zimmer liegt, in dem es nicht mollig warm ist, das kein warmes Wasser zum Zähneputzen hat und man nun acht Stunden bergauf laufen muss, ist man einfach falsch beim Trekken. Die gute Nachricht: so ein Trekking ist wunderbar erdend. Man merkt, wie wenig man eigentlich braucht sowohl im Leben selbst als auch auf den Tagen in der Natur.
Unsere höchste Übernachtung lag auf knapp 4.000 m Höhe. Dort blieben wir 3 Nächte, sodass wir an zwei Tagen die Möglichkeit hatten, weiter in die Höhe zu laufen. Die kleine touristische Siedlung, Kyanjing Gompa (Gompa gleich Kloster) wurde in den letzten Jahren tüchtig ausgebaut. Diverse Cafes und selbst ein EC-Automat gehören zur Infrastruktur. Letzterer sollte sich als nützlich erweisen, da die Kombination von zwei Südharzern dazu führte, dass wir mehr ausgaben, als gedacht. Gebäck am Wegesrand? Wir sind dabei! Kaffee? Frau Mann sagt nie nein. Heißer Sanddornsaft? Probieren wir! Schmeckt und wird daraufhin reichlich bestellt.
Meine höchste Höhe lag auf dieser Reise bei 4.770 m. Am ersten der beiden Tage, wo es in die Höhe ging, war der Kyanjing Ri (Ri gleich Gipfel) unser Ziel. Es muss die tollste Wanderung für Frau Mann gewesen sein, denn es ging wirklich, WIRKLICH steil bergan. Was habe ich innerlich geflucht. Aber die Zermürbungstaktik: einfach weitergehen, schnaufen aber weitergehen, führte dazu, dass ich ganz gut und in der ersten Gruppenhälfte den lower peak auf 4.400 m erreichte. Das Wetter war traumhaft und da ich schon bei der Qual da hoch wusste, dass ich am nächsten Tag nicht auf 4.985 m aufsteigen werde, stand fest, dass ich weiter auf den upper peak laufen werde. Das taten außer mir noch drei Mitreisende und mit jedem Meter wurde der Aufstieg herausfordernder. Die Wege in Nepal sind super einfach zu gehen, aber die Steilheit dieses Aufstiegs hatte es in sich. Bis 5.000 m bin ich schon aufgestiegen, aber weit nicht so steil. 500 m in den Anden sind nichts gegen diese knapp 900 m. Es muss wirklich sportlich gewesen sein, sonst würde ich mich nicht mehr so genau daran erinnern. Wie immer bei Trekkings: keine Mühe ist umsonst, wenn das Wetter stimmt. Atemberaubende Aussicht. Die Wanderung ist beendet, wenn man unten angekommen ist. Meine leichtere Übung – der Abstieg. Diesmal muss ich jedoch sagen, war ich froh, dass Harka, unser nepalesischer Guide irgendwann wortlos hinter mir ging. Der sah schon, dass ich ganz schön zu tun hatte. Wäre ich gerutscht, hätte er nichts tun können, aber man glaubt nicht, was es mental macht, wenn da jemand hinter einem ist. Der muss gar nichts sagen. Tag 2 der Gruppe bestand dann im Aufstieg auf den Tserko Ri, fast, aber eben nur fast 5.000 m hoch. 10 Stunden waren angesetzt, die Gruppe verließ noch in der Dunkelheit im Schein der Stirnlampen die Lodge. Etwa die Hälfte der Gruppe ging mit dem Sirdar Harka, unserem Guide auf den Gipfel. Es war lang, es war steil und was ich so hörte, kletterte man im oberen Teil auf allen Vieren. Da war der Talwanderung hinein ins ganz hinterste Langtang doch wesentlich angenehmer. Da bestand die Gefahr in wilden Yaks, die auf den Almwiesen weideten. Unanstrengend war auch diese Wanderung nicht, alles über 4.000 m merkt man dann doch. Chimmey, der Sirdar führte diese Wanderung. Neben dem Reiseleiter gibt es noch die Begleitmannschaft, die Gepäck trägt (bei uns trugen Dzos, Kreuzung aus Kuh und Yak das Gepäck, macht ein besseres Gewissen, gibt aber auch weniger Arbeit für die Träger), Essen organisiert und einfach umsichtig immer da ist und deren Anführer ist der Sirdar. Oft sind das junge Männer, die selbst auf 8.000er steigen und hoffnungslos unterfordert sind mit den Wanderungen der Touristen, sich das aber nicht anmerken lassen. Ich glaube aber, Chimmey war langweilig. Er kommt aus dem Langtang-Tal und wir haben an einem Tag in der Lodge seiner Eltern geschlafen. Da hatte ich ein Zimmer auf dem Dach, als Einziger der Gruppe. Es war luftig, aber der Blick war schon schön.
Nach dem Höhenrausch ging es auf gleichem Weg zurück, auf dem wir hochgelaufen sind. Es geht nur alles etwas schneller. Man ist ja akklimatisiert, muss nicht hoch sondern runter laufen. Auch die Vegetationszonen zurück ins Tiefland haben ihren Reiz. Wir hatten auf Zeit für die Fauna. Lemuren leben in den tieferen Wäldern, veritable Exemplare in teils großen Gruppen. Sehenswert! Irgendwann kam die Jeepfahrt zurück, Benjamin dann nicht mehr ganz hinten im Jeep und mit Reisekaugummi.
In Asien ist ja das Yin-Yan-Prinzip des Ausgleichs stark verwurzelt. Zum Ende deshalb noch die Geschichte, an die Mann sich erinnern muss (kein Rechtschreibfehler). Frau Mann bekam auf dem Rückweg, in den Bergen gibt es eigentlich nie Internet, welch Luxus, eine E-Mail, dass sich ihr Flug mit Air India verschoben hätte und sie die Airline kontaktieren solle. In den Bergen ist man etwas lost mit solchen Informationen, weil man nicht reagieren kann. Frau K. in Wien und Herr B. in Schwerin gilt größter Dank, denn sie mühten sich wirklich, das Problem zu lösen. Jedoch: man sollte Flüge immer, wirklich immer direkt bei der Airline buchen. Bucht man bei Online-Reisebüros, geht bei Umbuchungen eine wechselseitige Zuweisung von Zu- und Unzuständigkeiten los. Ich kürze ab: drei Stunden Telefonat mit einem europäischen Callcenter kosten mehrere hundert Euro, jedwede Emotion erweicht den Callcentermitarbeiter nicht. Ganz im Gegenteil: man erkennt die Segnungen des europäischen Verbraucherschutzes. Der Flug Kathmandu-Delhi wurde nach hinten verlegt, sodass der Anschlussflieger bei Landung in Delhi schon in der Luft war. Statt am 1. November, wie gebucht zu fliegen, was das Angebot, kostenlos umgebucht zu werden und am 11. November zu fliegen. Genau, 10 Tage später. Es gab auch kein Alternativangebot. Schließlich lösten wir das Problem, indem die Reisende vom Flug zurücktrat im Wissen, später ihre Fluggastrechte als Europäerin zäh durchsetzen zu müssen und einen oneway-Flug über Dubai nach Warschau antrat, um die letzten km nach Berlin mit dem Flixbus durch die polnische Nacht zu fahren. Das war, zwei Tage vor Abflug gebucht, eine wirklich wirtschaftliche Lösung. Und eine Erfahrung war es auch. Die nächste Nepalreise kommt bestimmt, aber nicht mit einer Anreise über Indien und einem direkt bei der Fluggesellschaft gebuchtem Ticket.